3D-Diagnostik

Die dentale digitale Volumentomographie (DVT) stellt ein modernes dreidimensionales bildgebendes Verfahren dar und ergänzt die konventionelle zahnärztliche Bildgebung in idealer Weise, so dass bis auf wenige Ausnahmen sämtliche röntgenologische Fragestellungen der Zahnheilkunde mit zahnärztlichen Röntgengeräten beantwortet werden können. Hierdurch wird eine hochauflösende, schnelle und unkomplizierte Diagnostik des gesamten Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereiches ermöglicht.

Technischer Hintergrund der dentalen digitalen Volumentomographie

Bei Projektionsradiographien wie z. B. Zahnaufnahmen werden dreidimensionale Objekte lediglich auf zwei Ebenen projiziert. Hierbei werden die einzelnen gewebetypischen Objekteigenschaften (Dichte, Dicke, Ordnungszahl) aufeinander summiert abgebildet, daher findet auch der Terminus „Summationsaufnahme“ Anwendung.  Dreidimensionale bildgebende Verfahren liefern dagegen Informationen, die durch eine Summation verloren gehen, d. h. auch andere Objektebenen gelangen zur Ansicht oder können rekonstruiert werden.
Im Fokus der zahnmedizinischen Anwendung stehen prinzipiell die Computertomographie (CT) und die DVT. Die Magnetresonanztomographie (MRT) stellt aufgrund ihrer technischen Grundlagen eine Sonderform der Schnittbildgebung dar, die an dieser Stelle keine Berücksichtigung finden soll. Die DVT basiert im Vergleich zur CT auf einem veränderten Akquisitions- und Rekonstruktionskonzept. Prinzipiell findet ein flächenförmiger Detektor Anwendung. Der Umlauf von Röhren- und Detektoreinheit um den Patienten beläuft sich maximal auf eine Rotation von 360°. Das Strahlenbündel ist im Gegensatz zur CT kegel- oder pyramidenförmig, weswegen diese Technik im Englischen auch  „cone-beam CT“ (CBCT) genannt wird.
Das kegelförmige Strahlenbündel erlaubt dabei die Exposition des gewünschten Untersuchungsvolumens. Die Röntgenstrahlung wird bei der DVT nicht kontinuierlich appliziert, sondern „gepulst“. Das bedeutet, dass die Röntgenstrahlen in einzelnen „Schüssen“ abgegeben werden. Diese dauern nur wenige Millisekunden und ergeben multipliziert mit der Anzahl der Schüsse (zwischen 200 und 600) die gesamte Expositionszeit, die im Vergleich zur CT deutlich niedriger ist. Das Ergebnis eines „Schusses“ ist eine einzelne Durchleuchtung („fluroscopy shot“), also eine zweidimensionale Absorptionsmatrix

Indikation für die dentale digitale Volumentomographie

Zahnärztlicher Bereich

Erkrankungen des Endodonts

Eine Vielzahl an Studien hat gezeigt, dass die Aussagekraft des Zahnstatus im Rahmen endodontaler wie auch parodontaler Diagnostikfragestellungen eingeschränkt ist. Unter Zuhilfenahme dreidimensionaler bildgebender Diagnostik wie der DVT kann die endodontische Situation besser räumlich beurteilt und ausgewertet werden. Hierbei kann im Vergleich zum konventionellen Zahnstatus mit einer ähnlich hohen Strahlendosis ein wesentlich höherer Informationsgehalt generiert werden. Die DVT-Technologie wird heutzutage vielfach zur überlagerungsfreien Darstellung der anatomischen Verhältnisse von Zahnwurzeln, insbesondere bei mehrwurzeligen Zähnen im Falle einer Wurzelkrümmung eingesetzt. Die dreidimensionale Darstellung dient der Kontrolle nach endodontischen Behandlungsmaßnahmen (Überinstrumentierung mit überstopftem Wurzelfüllmaterial, apikale osteolytische Prozesse, periapikale sowie zystische Veränderungen, abgebrochene Wurzelkanalinstrumente).
Aber auch im Rahmen der  posttraumatischen Diagnostik findet die DVT Anwendung bei Wurzelfrakturen, internen und externen Resorptionsvorgängen der Zahnwurzeln sowie reaktiven Sklerosierungen und Ankylosen. DVT-Aufnahmen führen im Rahmen von chirurgischen Fragestellungen bei periapikaler Beherdung zu einer verbesserten Planungsmöglichkeit im Vorfeld des Eingriffs, da auf diesem Wege die Breite der kortikalen Begrenzung, die Spongiosastruktur sowie benachbarte anatomische Landmarken wie der Mandibularkanal oder der Kieferhöhlenboden detektiert werden können.
Sofern mehrere Zähne über verschiedene Quadranten einer endodontischen Behandlung zugeführt werden sollen, wird empfohlen, Geräte mit einem ausreichend großen Volumen zu verwenden. Von der Anfertigung multipler kleiner Untersuchungsvolumina und der anschließenden Zusammenführung („volume-stitching“) sollte hierbei abgesehen werden. Zur Herabsetzung der effektiven Strahlendosis werden von vielen Herstellern spezielle Blendenfunktionen bei Geräten mit großem Abbildungsvolumen angeboten, um das „field of view“ (FOV) zu begrenzen und strahlensensible Organe (Speicheldrüsen, lymphatische Organe) auszublenden.
Mit Hilfe der DVT können osteolytische Prozesse in Nachbarschaft zum Wurzelapex früher detektiert werden als mit konventioneller 2-D-Diagnostik. Hierbei konnte bei mehrwurzeligen Zähnen im Oberkiefer und Unterkiefer eine 62% höhere Erfolgsrate im Vergleich zur konventionellen zweidimensionalen Diagnostik mit Hilfe von Einzelzahnaufnahmen erzielt werden.
Eine frühzeitige endodontische Behandlung führt zu einer höheren Überlebensrate der erkrankten Zähne. In Fällen, in denen Patienten mit unspezifischen bzw. schwierig zu lokalisierenden Beschwerden bei unbehandelten oder kurz zuvor endodontisch versorgten Zähnen vorstellig werden und Einzelzahnaufnahmen keinen eindeutigen Anhalt für die Beschwerden liefern, kann eine DVT indiziert sein, um einen im Vorfeld möglicherweise nicht diagnostizierten Fokus zu erfassen. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt im Rahmen endodontischer Fragestellungen ist die Beurteilung des tatsächlichen Behandlungserfolges. Hierbei sollen anhand dreidimensionaler DVT-basierender Schnittbildgebung eine stärker objektivierbare sowie präzisere Vorhersagbarkeit der endodontischen Therapie gegeben werden. Wichtige Aspekte sind dabei die unverfälschte Abbildungsgeometrie bei fehlender Verzerrung räumlicher Strukturen oder deren Überlagerung.

Parodontologie

Fortschritte im Bereich der Parodontalforschung haben unser Verständnis des Krankheitsablaufes bei Erkrankungen des parodontalen Formenkreises maßgeblich geprägt und zu bedeutenden klinischen Anwendungen im Bereich von Prävention, Diagnostik und Behandlung geführt. Im Gegensatz hierzu hat sich der Einfluss der Röntgendiagnostik jahrzehntelang kaum verändert. Die Herausforderung auf dem Gebiet der röntgenologischen Detektion parodontaler Hartgewebsdestruktionen zeigt sich in der Darstellbarkeit anatomisch-morphologischer Strukturen des Parodonts.
Röntgenologisch stellen sich die Spätfolgen einer fortgeschrittenen Parodontalerkrankung durch ossäre Destruktionen unterschiedlichen Ausmaßes dar. Hierzu zählen die röntgenologische Darstellung des Limbus alveolaris in Verbindung mit horizontalem Knochenabbau und vertikalen Einbrüchen, die Darstellung des Parodontalspaltes sowie die Einstufung der Erhaltungswürdigkeit von Zähnen hinsichtlich ihrer prothetischen Wertigkeit. Hierbei liefert die DVT als dreidimensionales diagnostisches Hilfsmittel wichtige Hinweise und erhöht auf diese Weise die Präzision bei der präoperativen Diagnostik. Es konnte gezeigt werden, dass der direkte Vergleich hinsichtlich eines definierten Goldstandards bei der Klassifizierung parodontaler Defekte zugunsten der DVT-Schnittbilddiagnostik ausfällt. Hierbei wurden vestibuläre und orale Knochendefekte sowie die Furkationsbeteiligung bei mehrwurzeligen Zähnen mit Hilfe der DVT deutlich besser dargestellt als mit herkömmlichen zweidimensionalen Röntgenverfahren.  Furkationsbeteiligungen und Kraterbildung konnten hierbei in der DVT zu 100% dargestellt werden, bei intraoralen digitalen CCD- („Charge-coupled Device“-) Sensor-Aufnahmen wurden 71% der Krater sowie 56% der Furkationen erkannt. Es bleibt jedoch festzustellen, dass aufgrund der höheren Bildauflösung die Abgrenzbarkeit der Lamina dura, die Beurteilung von Knochenstrukturen und die Kontrastierung zugunsten der intraoralen digitalen CCD-Aufnahmen ausfällt.

Implantatplanung

Insbesondere auf dem Gebiet der präimplantologischen Diagnostik hat die dreidimensionale Bildgebung heutzutage eine wichtige Stellung eingenommen. Dabei steht neben einer genauen Kenntnis der anatomischen Voraussetzungen die optimale Nutzung von vorhandenem Knochenmaterial im Mittelpunkt, um auf diese Weise evtl. notwendige augmentative Therapiemaßnahmen sicher planen und hierbei wichtige anatomische Strukturen schonen zu können. Das Prinzip des minimal-invasiven Eingriffs erhält so mehr Gewicht. Aufgrund der hohen metrischen Präzision der DVT im Vergleich zu herkömmlichen zweidimensionalen Verfahren wie der Panoramaschichtaufnahme (PSA) kann die anatomische Situation verzerrungsfrei dargestellt sowie das vorhandene Knochenangebot optimal beurteilt werden. Hierdurch kann die ideale Implantatposition unter Einbeziehung individueller anatomischer und prothetischer Erfordernisse millimetergenau festgelegt und so Nachbarstrukturen geschont werden.
Darüber hinaus bietet inzwischen eine Vielzahl an Herstellern Systeme zur schablonengestützten Implantatinsertion an. Der Patient inkorporiert hierbei während der DVT-Aufnahme zusätzlich eine röntgenopake prothetische Aufstellung. Im Anschluss erfolgen die präoperative Vermessung der ortsständigen Knochenverhältnisse und die virtuelle Implantatinsertion am Bildschirm. Eine intraoperative Umsetzung dieser hochpräzisen Diagnostik erfolgt heutzutage mithilfe von computergestützt gefertigten Implantatbohrschablonen. Hierbei stehen laborgefertigte oder über Stereolithographie erzeugte Schablonensysteme mit integrierten Bohrhülsen zur Verfügung. Aktive intraoperative Navigationsverfahren konnten sich in der Zahnheilkunde bis dato nicht durchsetzen, da ein hoher technischer Aufwand für die intraoperative Umsetzung erforderlich ist.

Kieferorthopädischer Bereich

Die traditionelle kieferorthopädische Diagnostik und Behandlungsplanung beruht auf einer Kombination aus Modellanalyse, intra- und extraoraler Fotografie sowie Röntgenbildern. Hierzu zählen seit je her die  Panoramaschichtaufnahme (PSA) sowie das  Fernröntgenseitenbild (FRS). Die FRS-Analyse wird durchgeführt zur Bestimmung der skelettalen sowie dentoalveolären Beziehungen anhand der Festlegung und Identifizierung spezieller anatomischer bzw. konstruierter Landmarken sowohl im Knochen- als auch Weichgewebe. An diesen Messpunkten werden Strecken und Winkel rekonstruiert und zueinander in Beziehung gebracht. Die Verlässlichkeit und Präzision im Zusammenhang mit der kephalometrischen Vermessung ist hierbei abhängig von den Projektionsbedingungen der Aufnahme sowie von Ungenauigkeiten bei der Identifizierung der gewünschten Landmarken.
Trotz der Tatsache, dass viele radiologische Fragestellungen in der Kieferorthopädie durch die Auswertung konventioneller zweidimensionaler Röntgenaufnahmen beantwortet werden können erfordern spezielle Fragestellungen eine unverzerrte und überlagerungsfreie Schichtdiagnostik. Hierzu zählen die Darstellung von Zahnzahl- und Zahnformanomalien, dentoalveolären Fehlstellungen und Durchbruchsstörungen bei verlagerten und retinierten Zähnen. In diesem Zusammenhang bietet die DVT aus kieferorthopädischer Sicht die Möglichkeit, mit geringer Strahlendosis für den – meist noch jugendlichen – Patienten neben der Beurteilung von Wurzelresorptionen auch die Lage verlagerter und retinierter Zähne in allen 3 Ebenen des Raumes zu bestimmen, sowie eine mögliche Ankylosierung von Zähnen zu beurteilen. Weiterhin kann über die Sekundärrekonstruktionen einer DVT das Ausmaß und die Lokalisation von Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten bestimmt und das zu deckende Spaltvolumen berechnet werden. Aus DVT-Daten rekonstruierte Kephalogramme können zur FRS-Analyse unter bestimmten Voraussetzungen herangezogen werden.
Um einer zeitlich aufwendigen Bildbearbeitung im Vorfeld vorzubeugen, eignet sich die sogenannte „Ray-Cast-Technik“ im Vergleich zur konventionellen „multi-intensity projection“ (MIP) besser. Aufgrund der relativ hohen Strahlenbelastung insbesondere im Hinblick auf das zumeist junge Alter der Patienten war die Verwendung CT-gestützter Schnittbildgebung lange Zeit stark eingeschränkt. Erst seit Einführung der dosisreduzierten CT, die trotz stark verringerter Strahlenbelastung keine wesentlichen Einbußen in der Abbildungsqualität brachte, kam es zu einer deutlichen Erweiterung des Indikationsspektrums in diesem Bereich. Durch die Einführung der DVT erhielt die dentale CT dabei erstmals Konkurrenz. Neben dem Vorteil der relativ geringen Strahlenbelastung des Patienten kann die Aufnahme in der Praxis durch den Zahnarzt oder Kieferorthopäden unter der Voraussetzung einer abgeschlossenen DVT-Fachkunde selbst durchgeführt und befundet werden. Aufgrund dieser Eigenschaften fand in den letzten Jahren die DVT zunehmend Verbreitung und wird auch im Bereich kieferorthopädischer Fragestellungen immer öfter eingesetzt. Im Gegensatz zur Dental-CT treten in der DVT auch in der näheren Umgebung von metallischen Apparaturen (wie z. B. Brackets oder Bändern) sowie Metallfüllungen und Implantaten weniger Metallartefakte auf.

Kieferchirurgischer Bereich

Die DVT hat das Potenzial, sowohl die räumlichen Abmessungen als auch die Anschaffungskosten eines CT-Scanners zu reduzieren. Hierbei stehen dem Oral-/MKG-Chirurgen mit hochauflösenden großflächigen  Röntgenstrahlen-Detektorsystemen Geräte zur Verfügung, die mit geringen Scanzeiten und bis zu 10fach geringeren Dosen im Vergleich zu modernen Multi-Slice-CT-Scannern ideale Voraussetzungen für die Chirurgie im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich darstellen. Die dreidimensionale verzerrungsfreie Darstellung des Kopf-Hals-Bereichs bei steht dabei im Mittelpunkt.
Die DVT findet heutzutage in der modernen MKG-Chirurgie insbesondere Anwendung
F bei der Versorgung von Kiefer- und Gesichtsverletzungen,F bei der Behandlung von Entzündungen im MKG-Bereich sowieF bei der Darstellung von wichtigen anatomischen Strukturen (Mandibularkanal, Foramen mentale, Nasenboden, knöcherne Sinusbegrenzung).
Sie dient als wichtige Hilfestellung bei der Entfernung von Zysten und bei Wurzelspitzenresektionen (WSR), aber auch im Rahmen geplanter operativer Korrekturen des Prothesenlagers. Bei weiterführenden Fragestellungen hinsichtlich odontogener bzw. ossärer Tumoren oder tumorähnlicher Veränderungen des Knochens und spezifischer Knochenentzündungen (z. B. Osteomyelitis, Osteoradionekrosen) kann die DVT die radiologische Diagnostik maßgeblich erweitern und dem Chirurgen als wichtige therapeutische Hilfe dienen. Im Bereich der Kieferhöhlendiagnostik eignet sich die DVT aufgrund der hohen Kontrastierung ideal zur Beurteilung der knöchernen Strukturen von Nasen- und Nasennebenhöhlen, insbesondere für die Darstellung der Wandbegrenzungen, der Beurteilung von raumfordernden oder entzündlichen Veränderungen der Kieferhöhle (Zysten, Sinusitis), aber auch zur Lokalisation von eingedrungenen Fremdkörpern.
Neben der Lagebestimmung von Zähnen und der Beurteilung von Krone und Wurzelstruktur bietet die dreidimensionale Diagnostik insbesondere angesichts der engen räumlichen Lagebeziehung von Zahnwurzeln zum Mandibularkanal sowie Sinus maxillaris bei Molarenentfernung eine präzise räumliche Orientierung zur Durchführung einer optimalen Operationsplanung bei minimal-invasivem operativem Zugang. Neben der klinischen Befundung erhält die dreidimensionale Bildgebung einen immer größeren Stellenwert bei der Frakturdiagnostik, da dem Behandler eine genaue morphologische Orientierung zur Verfügung steht. Das genaue Ausmaß von Frakturen – insbesondere Kiefergelenkfrakturen mit Gelenkfortsatzbeteiligung – kann mittels spezieller Rekonstruktionen dreidimensional visualisiert und damit für Patient und Behandler optimal dargestellt werden. Eine weitere Indikation erfährt die DVT bei der komplexen Rekonstruktion nach Mittelgesichtsfrakturen insbesondere im Fall von Orbitabeteiligungen. Hierbei können die Kenntnis des genauen Frakturverlaufs sowie eine präoperative Planung am Computer den operativen Eingriff verkürzen und das postoperative Ergebnis verbessern.